Vom „Apothekenpreis“

Ich kenne noch den Begriff des „Apothekenpreises“. Der wurde benutzt, um einen „ziemlich hohen“ Preis zu umschreiben. Auch so einfache Begriffe wie „zu teuer“ oder „sauteuer“ können einen aus der Sicht des Kunden zu hohen Preis beschreiben. Der Begriff des „Apothekenpreises“ ist mir ist mir aktuell in einer Bochumer Apotheke (sic!) wieder begegnet.

Ich besitze seit meiner Jugend eine ziemlich große Menge Schallplatten, die ich gerne anhöre. Dazu habe ich im Arbeitszimmer eine „nette“ Stereoanlage installiert. Schallplatten haben aufgrund ihres Funktionsprinzips das Problem, dass Staub in der Rille unschöne Knistergeräusche verursacht. Um Knistergeräusche möglichst zu beseitigen, muss man Schallplatten säubern. Die effektivste Vorgehensweise ist dabei die Nutzung einer Schallplattenwaschmaschine…

Die Waschmaschine (in meinem Fall eine einfache Okki-Nokki) benötigt eine Waschflüssigkeit, die nach dem Auftragen mittels einer Bürste die Rillen möglichst porentief reinigt. Danach wird die aufgetragene Flüssigkeit abgesaugt und die Platte (sollte) wieder „wie neu“ klingen.

Waschflüssigkeiten gibt es viele, die in der Regel dafür aufgerufenen Preise haben mich dazu veranlasst, meine „eigene“ Flüssigkeit zu kreieren. Sie besteht aus ca. 2% CW 100, einem Mittel, welches der Scheibenwaschflüssigkeit im Auto zugegeben wird. Dazu kommen ca. 20% Isopropanol und aufgefüllt wird bis auf 100% mit destilliertem Wasser. Diese Mischung basiert auf einem „Rezept“, welches in HiFi-Foren als wirksam und gut beschrieben wird.

Da mein Vorrat an Isopropanol sich dem Ende zuneigte, suchte ich eine Apotheke in Altenbochum auf, um neues Isopropanol zu kaufen. Nachfolgend das Gespräch mit der Angestellten:

„Guten Tag, können Sie mir bitte diese Flasche wieder mit Isopropanol befüllen?“

„Nein, dazu müsste ich die Flasche desinfizieren und dies aufgrund der gesetzlichen Vorschriften dokumentieren. Ein Vorgang, welcher unwirtschaftlich ist, da es ungefähr 8 EUR an Kosten verursacht. Von dem Isopropanol, welches wir benutzen kann ich Ihnen leider nichts verkaufen.“

„O.K. Ich will das Isopropanol nur zum Waschen meiner Schallplatten verwenden, da kommt es nicht auf so sehr auf Keimfreiheit an. Dann würde ich die Flasche entsorgen und eine neue mit Isopropanol nehmen.“

„Gut, möchten sie 70 oder 100-prozentiges Isopropanol?“

„Na 100-prozentiges! Ist doch besser als 70-prozentiges.“

„Nein, 70-prozentiges desinfiziert besser und 100-prozentiges ist nicht vorrätig – das müsste ich bestellen“

Vor meinem geistigen Auge fährt eine Kleinwagen mit einer überdimensionalen Pille auf dem Dach mit überhöhter Geschwindigkeit durch Altenbochum, parkt vor unserem Haus direkt unter dem Schild „Rettungsweg für die Feuerwehr freihalten“ und ein rüstiger Rentner eilt im Laufschritt zu unserem Wohnhaus um mir ein kleines Fläschchen Isopropanol zum Plattenwaschen zu bringen. Das muss nicht sein 😉

„Na gut, dann 70-prozentiges“

Nach einigem tippern und klickern am Computer kullert ein Karton eine Rutsche im Hintergrund herunter und wird auf die Theke gestellt.

„Das macht dann 3,95 EUR.“

Ich zahle und verlasse die Apotheke mit einem Karton, in dem sich eine Flasche mit 100ml 70-prozentigem Isopropanol befindet. In mir steigt ein ungewisses Gefühl auf…

Zu Haus angekommen schaue ich bei einschlägigen Handelsplattformen im Internet nach. Ich hätte einen Liter 100-prozentiges Isopropanol für ungefähr 8 EUR erstehen können. Das wäre mir auch an die Haustür geliefert worden.

Und da ist er wieder, der Ausdruck „Apothekenpreis“.

Zur Klarstellung: Ich habe medizinisches Isopropanol bekommen, der dafür aufgerufene Preis wird wohl gerechtfertigt sein. Ich vergleiche kein Isopropanol, welches von einem Nagelstudio vertrieben wird mit einem medizinischen Produkt! Aber in einer Apotheke in der Bochumer Innenstadt habe ich die von mir mitgebrachte Flasche vor (gefühlten) 10 Jahren bekommen und vor ca. 4 Jahren wieder auffüllen lassen. Der Preis wird wohl ähnlich gewesen sein. Dort hat man offensichtlich den von mir genannten Verwendungszweck der Flüssigkeit ernst genommen. Vielleicht weiß die junge Dame ja nicht, was Schallplatten sind und wofür man eine Schallplattenwaschmaschine benutzt…

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