Datenschutz [Teil 2]

Das der Staat seine Bürger als bloße Nummer betrachtet hat ihm das Bundesverfassungsgericht bereits von über 20 Jahren verboten. Trotzdem wird seit Anfang Juli jedem (!) Bürger eine einheitliche Steuernummer zugeteilt. Diese Nummer begleitet ihn / sie von der Geburt bis zur „Bahre“. Es ist verständlich, dass innerhalb kürzester Zeit viele andere (auch private) Organisationen diese einheitliche Steuernummer für ihre Zwecke benutzen werden. DA02131220BO1004 ist eben einfacher, schneller und weniger fehleranfällig als „Wilhelmine Paula Pryczibylla, geboren am 23.05.1939, wohnhaft XYZ-Straße 33 in 33662 Irgendwo“ (einwandfrei!) über ihren Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift zu identifizieren.

Also werden wir uns daran gewöhnen, dass unsere nächste Bestellung im virtuellen Kaufhaus nur noch mit der Steuernummer funktioniert. Dass das treusorgende Finanzamt über diese Daten herausfinden kann, dass wir 1000 Euro mehr ausgegeben haben, als wir in dem Monat nach unserem Verdienst und den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten zur Verfügung hätten haben sollen, macht uns erst stutzig, wenn wir erklären müssen, woher das Geld stammt…

Aber, um es deutlich zu machen: es geht nicht darum Steuersündern Schlupflöcher zu lassen! Es geht um die einheitliche Steuernummer… Das unselbständige Steuerpflichtige nur wenige „Gestaltungsmöglichkeiten“ bezüglich ihrer Steuerpflicht haben, und die große Beträge nicht beim „kleinen Mann“ verschwinden ist ja schon lange klar.

Wie kritisch dieses Vorhaben gesehen wird, mögen diese beiden (willkürlich ausgewählten) Kommentare zeigen:

Aus der Süddeutschen externer Link:

„Darauf habe ich schon lange gewartet !

Und diese Ident-Nummer kommt in ein paar Jahren in einen Chip.

Und der Chip gleich nach der Geburt unter die Haut.

Und dort bleibt er ein Leben lang, jederzeit und überall lesbar für den Staat.

Immerhin schon ein Fortschritt. Den Insassen der Konzentrations-Lager wurde die Nummer noch in den Arm tätowiert. „

Aus einem Heise-Forum zum Thema „Steuernummer“ externer Link:

„Das ist meine fiktive Steuernummer. Hier schluessel ich sie fuer euch
auf:

DD1259 – Stadtkuerzel und Postleitzahl ohne die erste Ziffer.
GM – Initialen, Nachname vor Vornamen
19020382 – Geburtsdatum: JJ-TT-MM-JJ
DDWK1 – Wahlkreiszugehoerigkeit
0278A – Codeziffer Religionszugehoerigkeit und Liquiditaet (finanz),
das A steht fuer „Atheist“
20170912 – Steuernummerzuteilungsdatum> JJ-TT-MM-JJ

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Es ist schon interessant zu sehen, dass innerhalb allerkuerzester
Zeit aus einem sozialen Rechtsstaat ein Ueberwachungsstaat werden
kann. Wie also auf demokratischer Basis eben selbige kurzum
ausgehebelt werden kann (wenn auch nur indirekt, denn die
Ueberwachung allein hebt keine Demokratie auf).
Das schlimmste ist dabei nicht einmal die Datensammelwut unserer
Regierung, sondern die extremen Missbrauchsmoeglichkeiten. Es fehlt
mE nur die Forderung, alle diese gesammelten Datensaetze zu
„harmonisieren“ und in eine Zentraldatenbank einzuspeisen.

In Zukunft sind dann also Polizisten, die gerade einen
Kinderschaender suchen, nicht nur dabei, die naechsten Verdaechtigen
auf ihre mit dem Fall zusammenhaengenden Daten zu durchforsten,
sondern es wird kurzerhand ein Suchprogramm angeworfen, das ALLE
Datensaetze abgleicht und JEDEN Teil des Datensatzes beruehrt. Wird
es fuendig, wird dann sicherlich ein Ausdruck vorgelegt, der
ebenfalls ALLE Daten des betreffenden Datensatzes enthaelt – die
Polizei erfaehrt also z.B. ermittlungstechnisch voellig irrelevante
Daten wie z.B. die Finanzsituation des Verdaechtigten.

Andererseits kann aber wiederum ein Kreditinstitut einfach in den
Datensatz spicken und schnellstens herausfinden, was der Kunde denn
so auf dem Kerbholz hat … und die Kreditvergabe einfach verweigern.
Oder glaubt jemand, dass der o.g. (am Ende gar zu unrecht)
Verdaechtigte noch irgendwo einen Kredit bekommen wird?

Es hat seine Gruende, warum Daten nie zentral gespeichert werden
sollten. Zum einen wegen der o.g. Beispiele, dass Institutionen und
Unternehmen einfach die Daten abgreifen und fuer eigene Zwecke
missbrauchen koennten. Menschen koennten u.U. viel schneller anhand
ihrer Daten in ihrem Stand „degradiert“ werden oder schlimmstenfalls
als „menschlicher Abfall“ enden. Gerade resozialisierte Personen
duerften es schwer haben.
Zum anderen aber sind gigantische Datenberge immer ein
Sicherheitsrisiko. Je groesser der Datenberg, je mehr Mitwisser (und
wenn es nur die Datentypistin ist, die ein paar tausend Datensaetze
einpflegen muss) und je mehr Daten aufgenommen werden pro Erhebung,
desto unflexibler und unsicherer wird das System. Was passieren
wuerde, wenn zusaetzlich auch noch Hacker aus anderen Nationen
Zugriff auf die Datenbanken haben und den Inhalt ihren Regierungen
zuspielen wuerden, kann man sich kaum ausmalen.

Datenschutzrechtlich ist eine einheitliche Steuernummer mit
dazugehoeriger Datenbank, die prinzipiell mit den anderen
harmonisiert und zusammengefuegt werden koennte, ein absolutes
Unding. Unnoetig und gefaehrlich noch dazu. Wer da noch dafuer
stimmt, hat meiner Meinung nach den Pfad der geistigen
Zurechnungsfaehigkeit verlassen …

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Wenn man mich vor die Wahl zwischen Sicherheit und Freiheit stellt,
werde ich mich stehts fuer letzteres entscheiden. Freiheit garantiert
mir Sicherheit, Sicherheit garantiert mir gar nichts.“

Danke an die Ersteller der Diskussionsbeiträge! Der Vergleich zu Konzentrationslagern, dem Dritten Reich und der Kennzeichnung „unliebiger“ Zeitgenossen ist übrigens in vielen Diskussionsbeiträgen zu lesen. Irgendwie merkwürdig, wie viele Leute so einen Vergleich ziehen!