Loveparade: Wer trägt die Verantwortung?

Die Loveparade in Duisburg, die mit dem Tod von 20 Menschen, dem Leiden der über 500 Verletzten -sowohl körperlich als auch psychisch- und dem Schmerz der Hinterbliebenen am Samstag einen traurigen „Höhepunkt“ des Kulturhauptstadtjahres Ruhr2010 dargestellt hat, wirft die Frage nach der Verantwortung auf. Damit meine ich jetzt nicht die strafrechtliche Verantwortung, sondern die moralische.

  • Anstand zu haben hätte für die Verantwortlichen bedeutet, in der Pressekonferenz von einer (vorschnellen? bewusst falschen?) Darstellung Abstand zu nehmen. Die Behauptung, die Toten wären alle bei Stürzen (wahlweise von der Treppe oder von Masten) verstorben ist -wie sich heute herausstellt- eine Lüge. Was hat also den stellvertretenden (kommissarischen) Leiter der Duisburger Polizei dazu bewegt, diese Aussage zu verbreiten?
  • Anstand zu haben hätte auch für den Veranstalter bedeutet, den Forderungen der Ordnungsbehörden Folge zu leisten und ausreichende Fluchtwege auszuweisen (statt 440 Meter sollten es nur 155 Meter sein) und so auf den Platz für einige junge Leute und den dadurch zu machenden Umsatz zu verzichten
  • Anstand zu haben hätte vielleicht auch bedeutet die Feier entweder (so denn möglich) anders auszurichten oder wegen der nicht zu gewährleistenden Sicherheit der TeilnehmerInnen ganz abzusagen…

Politiker müssen sich nicht wundern, dass immer mehr Menschen sich von der Politik abwenden! Hier wird vorgelebt, wie man mit einer genügend großen Portion Kaltschnäuzigkeit und dem ewigen Mantra von „es lag ein tragfähiges Sicherheitskonzept vor“ und „wir wollen den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht vorgreifen“ versucht zu verschleiern, dass im Vorfeld der Loveparade städtische Bedienstete unter Druck gesetzt wurden und letztlich die erforderliche Genehmigung ausgestellt haben (ausstellen mussten)! Auf zwei Seiten (!!!) werden die „Auflagen“ für die Veranstaltung niedergelegt, unterschrieben und dann ist gut. Für jede noch so winzige Veranstaltung werden von den Ordnungsbehörden zig Seiten Auflagen standardmäßig ausgedruckt – hier reichen zwei Seiten…

Nachdem jetzt schon festgestellt wird, dass „die Verantwortlichen“ wegen fahrlässiger Tötung höchstens mit einer Verurteilung zur Bewährung zu rechnen haben , lässt sich schon absehen, wie die strafrechtliche Abrechnung der Loveparade 2010 aussehen wird: die „Verantwortlichen“ in der Genehmigungsbehörde (Stadt Duisburg) werden symbolisch verurteilt, Herr Sauerland wird natürlich nicht belangt werden, Herr Schaller wird mit dem Vermögen seiner McFit-Kette haften dürfen und der Einsatzleitung der Polizei wird wohl bescheinigt werden, angesichts der Lage richtig gehandelt zu haben.

Bis dahin wird auch die Wut verflogen sein; nur die trauernden Hinterbliebenen und die durch die Erlebnisse gezeichneten werden sich jeden Tag schmerzlich an die Loveparade 2010 in Duisburg erinnern.

PS: Ich verzichte jetzt darauf, alle obigen Aussagen zu verlinken. Quellen: Pressekonferenz am Sonntag (s. unten), Bericht über die Kabinettssitzung von heute, Meldungen auf derwesten.de

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