Eigentlich „lohnt“ es sich nicht, über unseren Verteidigungsminister (der mit den vielen Vornamen und von adligem Geschlecht) etwas zu schreiben. Das ist zur Zeit das beherrschende Thema im Netz. Ich möchte nur ein paar Gedanken verlieren…
- Die Kompetenz des (damaligen) Bundeswirtschaftsministers bestand offensichtlich darin, die familiäre Vermögensverwaltung mit drei weiteren MitarbeiterInnen und einem Jahresumsatz von 20.000 EUR betreut zu haben. Aus der „Erfahrung im Familienunternehmen “ wurde durch schlechte Recherche einer Nachrichtenagentur der „geschäftsführende Geschäftsführer“ eines Unternehmens für „Trockenbau, Isoliertechnik und Dämmstoffe“.
- Die penetrante Selbstinszenierung des Politikers – man denke nur an die „gestellten“ Fotos des Freiherren in Amerika, bei den Bundeswehrsoldaten in Afghanistan etc. und die Sendung mit Johannes B. Kerner aus Afghanistan. Und die Vermischung seiner politischen Bekanntheit/Beliebtheit mit dem Vorhaben seiner Ehefrau, Kinder vor „Kinderschändern“ zu schützen…
- Die fast unterwürfige und speichelleckerische Berichterstattung in den Medien, die der „Regenbogenpresse“ oder der „BILDenden“ Literatur zuzurechnen sind.
- Die Art und Weise, „Untergebene“ (den Kapitän der Gorch Fock, den Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, den Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert) abzuservieren und so von eigenen Fehlern abzulenken.
- Die Tatsache, dass die „BILDende“ Literatur diesen Mann schon zum kommenden Kanzler hochjubelt.
- Den Fakt, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung (je nach Quelle) der Meinung ist, dass dieser Mann trotz der Plagiats-Vorwürfe nicht zurücktreten muss.
- Die Stirn seiner Weggefährten, das abschreiben von ca. 50% einer Dissertation als mit „großer beruflicher und familiärer Belastung“ erklärbar darzustellen…
Copy&Paste ist kein Kavaliersdelikt bei er Anfertigung einer Dissertation – unabhängig davon, welchen „Status“ die Person hat, die vor der Tastatur sitzt… Und wer sich die Mühe macht, bei der Erklärung des Ministers am letzten Freitag genau hinzuhören kennt auch schon die Verteidigungungsstrategie: kein Vorsatz („nicht bewusst getäuscht“). Und über das Niederschlagen der Augen und das Ablesen eines so wichtigen Satzes wie „entschuldige ich mich“ machen sich schon viele Leute Gedanken. Wobei Herr Guttenbergs Grinsen noch fieser aussieht als das Gesicht von Herrn Barschel bei seinem berühmten „Ehrenwort „.
PS: Man kann seinen Titel nicht ruhen lassen oder ihn bis zu einer Entscheidung „nicht führen“. Haben oder nicht haben, aber darüber entscheidet ja die Promotionskommission der Uni Bayreuth…
[Update: 22.2.2011]:
Tja, manchmal überholt mich während des Schreibens die Realität so grausam… Unser „Verteidigungsminister“ hat also am gestrigen Abend erklärt , dass er auf seinen Titel (den Doktor natürlich) „verzichten wird“. Eingeleitet wurde dies von den Feststellung, dass seine Arbeit wohl „gravierende Fehler enthält“, er aber „nicht bewusst getäuscht“ habe. Stückweise kommt er mit seiner Strategie (wie gehabt) heraus. Ursprünglich waren die Vorwürfe „abstrus“, dann waren „Fußnoten nachzubessern und das Urteil der Promotionskommission abzuwarten“ und jetzt verzichtet er auf den Titel. Das diese Erkenntnisse innerhalb weniger Tage über ihn gekommen ist, macht nachdenklich! Das ist kein „zurückrudern“, sondern ein „nach und nach gestehen“. Aber was vorher gesagt wurde, war nicht wahr – es waren Lügen! Und besonders perfide finde ich, dass „ob der Diskussion um seine Dissertation der Tod von drei Soldaten in Afghanistan zur Randnotiz verkommen ist.“. Ich frage mich bei dieser Aussage (die auch in der ersten Erklärung mit ähnlichen Worten fiel) wer denn die Soldaten nach Afghanistan geschickt hat… Also auf, lasst uns einen Lügner zum Bundeskanzler machen!
PS: Das (je nach Quelle) über 50% oder über 70% der Deutschen „ihren Gutti“ behalten wollen und den Krieg in Afghanistan ablehnen, will ich auch nicht wirklich verstehen.