„Mir ist es ein aufrichtiges Anliegen

zur Aufklärung dieser Angelegenheit beizutragen!“

So ungefähr hat Herr von Guttenberg bei seinem Rücktritt im März beteuert, wolle er zur Klärung der „Plagiatsaffäre“ beitragen. Nachdem die Süddeutsche Zeitung heute meldet, dass (große) Passagen der  „Doktorarbeit“ absichtlich (man verwendet noch nicht den Begriff „vorsätzlich“) abgeschrieben wurden , machen sich die Anwälte des adligen Herren auf den Weg, eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte zu reklamieren und so die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts zu verhindern. Ist schon erstaunlich, mit welchen Mittel hier Vertuschung betrieben werden soll.

Strg+C & Strg+V = Entf …

Unter dieser Überschrift betitelte heute ein Online-Magazin treffend den Rücktritt von Karl-Theodor zu Guttenberg, dem Ex-Verteidigungsminister. Der Rücktritt wurde auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben, den Wortlaut der Erklärung kann man (auch) auf der Seite von Herrn zu Guttenberg nachlesen.

Ich frage mich immer noch, wie so viele Menschen Herrn zu Guttenberg „die Stange halten“ und sein Plagiat mit teilweise abstrusen (!) Begründungen verteidigen. Es geht doch nun wirklich nicht darum, dass „von links gesteuerte“ Propaganda gegen den Ex-Minister betrieben wurde oder man „sich doch einmal die Doktorarbeiten anderer Politiker ansehen soll“. Herr zu Guttenberg hat seine Vita auf eine Art und Weise geschönt, dass er in jedem anderen Betrieb bereits von etlichen Monaten gefeuert worden wäre! Wie im vorherigen Post beschrieben mutieren da Auslandspraktika  zu Berufserfahrung im Ausland, ein 17-jähriger „begleitet einen Börsengang“, ein „Prädikatsexamen“ stellt sich als „befriedigend am unteren Rand“ heraus und eine Zulassung zur Promotion wird nur durch eine Ausnahmegenehmigung möglich.

Auch die Rücktrittserklärung schiebt die „Schuld“ am Rücktritt wieder auf andere – da ist wieder die „enorme Wucht der medialen Betrachtung meiner Person“. Und auch die in Afghanistan gestorbenen Soldaten muss er erst „mit Würde zu Grabe (zu) tragen und nicht erneut ihr Gedenken durch Debatten über meine Person überlagern zu lassen“. Einfach widerlich, wie hier alle Register gezogen werden und natürlich wird auch wieder betont, dass Herr zu Guttenberg Fehler hat und dies eingesteht („Ich habe wie jeder andere auch zu meinen Schwächen und Fehlern zu stehen, zu großen und kleinen im politischen Handeln bis hin zum Schreiben meiner Doktorarbeit.“)

Mich hat von Anfang an die „Präsentation“ des Herrn zu Guttenberg gestört. Wer sich so am Times Square präsentiert oder sich so „in’s rechte Licht setzt“ ist mir nur einfach suspekt. Meine Vorahnungen wurden bestätigt.

„Dr.“ i.R. zu Guttenberg [Update]

Eigentlich „lohnt“ es sich nicht, über unseren Verteidigungsminister (der mit den vielen Vornamen und von adligem Geschlecht) etwas zu schreiben. Das ist zur Zeit das beherrschende Thema im Netz. Ich möchte nur ein paar Gedanken verlieren…

  • Die Kompetenz des (damaligen) Bundeswirtschaftsministers bestand offensichtlich darin, die familiäre Vermögensverwaltung mit drei weiteren MitarbeiterInnen und einem Jahresumsatz von 20.000 EUR betreut zu haben. Aus der „Erfahrung im Familienunternehmen “ wurde durch schlechte Recherche einer Nachrichtenagentur der „geschäftsführende Geschäftsführer“ eines Unternehmens für „Trockenbau, Isoliertechnik und Dämmstoffe“.
  • Die penetrante Selbstinszenierung des Politikers – man denke nur an die „gestellten“ Fotos des Freiherren in Amerika, bei den Bundeswehrsoldaten in Afghanistan etc. und die Sendung mit Johannes B. Kerner aus Afghanistan. Und die Vermischung seiner politischen Bekanntheit/Beliebtheit mit dem Vorhaben seiner Ehefrau, Kinder vor „Kinderschändern“ zu schützen…
  • Die fast unterwürfige und speichelleckerische Berichterstattung in den Medien, die der „Regenbogenpresse“ oder der „BILDenden“ Literatur zuzurechnen sind.
  • Die Art und Weise, „Untergebene“ (den Kapitän der Gorch Fock, den Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, den Verteidigungs-Staatssekretär Peter Wichert) abzuservieren und so von eigenen Fehlern abzulenken.
  • Die Tatsache, dass die „BILDende“ Literatur diesen Mann schon zum kommenden Kanzler hochjubelt.
  • Den Fakt, dass die Mehrheit der deutschen Bevölkerung (je nach Quelle) der Meinung ist, dass dieser Mann trotz der Plagiats-Vorwürfe nicht zurücktreten muss.
  • Die Stirn seiner Weggefährten, das abschreiben von ca. 50% einer Dissertation als mit „großer beruflicher und familiärer Belastung“ erklärbar darzustellen…

Copy&Paste ist kein Kavaliersdelikt bei er Anfertigung einer Dissertation – unabhängig davon, welchen „Status“ die Person hat, die vor der Tastatur sitzt… Und wer sich die Mühe macht, bei der Erklärung des Ministers am letzten Freitag genau hinzuhören kennt auch schon die Verteidigungungsstrategie: kein Vorsatz („nicht bewusst getäuscht“). Und über das Niederschlagen der Augen und das Ablesen eines so wichtigen Satzes wie „entschuldige ich mich“ machen sich schon viele Leute Gedanken. Wobei Herr Guttenbergs Grinsen noch fieser aussieht als das Gesicht von Herrn Barschel bei seinem berühmten „Ehrenwort „.

PS: Man kann seinen Titel nicht ruhen lassen oder ihn bis zu einer Entscheidung „nicht führen“. Haben oder nicht haben, aber darüber entscheidet ja die Promotionskommission der Uni Bayreuth…

[Update: 22.2.2011]:

Tja, manchmal überholt mich während des Schreibens die Realität so grausam… Unser „Verteidigungsminister“ hat also am gestrigen Abend erklärt , dass er auf seinen Titel (den Doktor natürlich) „verzichten wird“. Eingeleitet wurde dies von den Feststellung, dass seine Arbeit wohl „gravierende Fehler enthält“, er aber „nicht bewusst getäuscht“ habe. Stückweise kommt er mit seiner Strategie (wie gehabt) heraus. Ursprünglich waren die Vorwürfe „abstrus“, dann waren „Fußnoten nachzubessern und das Urteil der Promotionskommission abzuwarten“ und jetzt verzichtet er auf den Titel. Das diese Erkenntnisse innerhalb weniger Tage über ihn gekommen ist, macht nachdenklich! Das ist kein „zurückrudern“, sondern ein „nach und nach gestehen“. Aber was vorher gesagt wurde, war nicht wahr – es waren Lügen! Und besonders perfide finde ich, dass „ob der Diskussion um seine Dissertation der Tod von drei Soldaten in Afghanistan zur Randnotiz verkommen ist.“. Ich frage mich bei dieser Aussage (die auch in der ersten Erklärung mit ähnlichen Worten fiel) wer denn die Soldaten nach Afghanistan geschickt  hat… Also auf, lasst uns einen Lügner zum Bundeskanzler machen!

PS: Das (je nach Quelle) über 50% oder über 70% der Deutschen „ihren Gutti“ behalten wollen und den Krieg in Afghanistan ablehnen, will ich auch nicht wirklich verstehen.